Dr. Bierich informiertRiskante Post: Der Zugang einer Kündigung oder: Wenn der Postmann gar nicht klingelt!

Zwei aktuelle Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigen, wie die rechtzeitige Zustellung der Kündigung per Einwurf-Einschreiben zum Zankapfel werden kann.

Postbote mit Fahrrad steht vor Haus
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Bei dem Ausspruch einer Kündigung ist oft Eile geboten - zum Beispiel, wenn das Monatsende naht und die Kündigungsfrist gewahrt werden muss. Denn im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen können, dass das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer tatsächlich zugegangen ist. Stets wird eine Kündigung als sogenannte einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung erst mit ihrem Zugang wirksam. Zugang bedeutet, dass das Kündigungsschreiben in den „Machtbereich“ des Arbeitnehmers gelangt ist, so dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme der Kündigung gerechnet werden kann. Die persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens ist bei anwesenden Arbeitnehmern üblich. Bei abwesenden Arbeitnehmern wählt der Arbeitgeber nicht selten die Zustellung der Kündigung per Einwurf-Einschreiben. 

Zwei aktuelle Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigen, wie schnell bei dieser Zustellmethode die rechtzeitige Zustellung zum Zankapfel werden kann.

Fall 1: Eine Zahnärztin war bei ihrem Arbeitgeber seit April 2021 für ein monatliches Bruttogehalt von etwa 10.000 € beschäftigt. Zwischen den Parteien wurde eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende vereinbart. Der Arbeitgeber kündigte mit Schreiben vom 28.09.2021 das Arbeitsverhältnis zum Jahresende. Das Kündigungsschreiben wurde als Einwurf-Einschreiben über die Deutsche Post AG verschickt. Dem Arbeitgeber lag ein Auslieferungsbeleg vor, der als Anscheinsbeweis dafür diente, dass der Brief am 30.09.2021 vom Postboten in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen wurde. Die Klägerin behauptete, dass ihr das Kündigungsschreiben nicht rechtzeitig zugegangen sei und erhob Kündigungsschutzklage mit dem Ziel des Fortbestehens ihres Arbeitsverhältnisses bis zum 31.03.2022.

Das BAG (Urteil vom 20.06.2024, Az.: 2 AZR 213/23) wies die Klage ab und stellte fest, dass der Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG als Beleg für den rechtzeitigen Zugang des Kündigungsschreibens anzusehen ist. Der Auslieferungsbeleg erbringe den Anscheinsbeweis, dass der Brief zu den üblichen Zeiten zugestellt wurde. Nach der Verkehrsanschauung werde der Hausbriefkasten nach der üblichen Postzustellzeit noch am selben Tag geleert. Anderenfalls hätte die Klägerin nachweisen müssen, dass atypische Umstände vorgelegen haben, die einen späteren Zugang hätten vermuten lassen.

Fall 2: Zwischen einer Arzthelferin, die seit Mai 2021 in einer Augenarztpraxis beschäftigt war, und ihrem Arbeitgeber war das Vertrauensverhältnis tiefgreifend gestört. Ihr Arbeitgeber sprach Mitte Juli 2022 eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.09.2022 aus. Zwei Mitarbeiterinnen des Arbeitgebers hatten das Kündigungsschreiben gemeinsam in einen Briefumschlag gesteckt, den Umschlag dann zur Post gebracht und dort als Einwurf-Einschreiben aufgegeben. Die Arbeitnehmerin bestritt den Erhalt des Kündigungsschreibens und erhob Kündigungsschutzklage. Ausweislich des im Internet abrufbaren Sendungsstatus sei das Schreiben mit der entsprechenden Sendungsnummer der Arbeitnehmerin am 28.07.2022 zugestellt worden, so der Vortrag des Arbeitgebers im Prozess; dieser legte auch einen Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vor. Einen Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG konnte er allerdings nicht vorlegen, da die Frist, innerhalb derer die Kopie eines Auslieferungsbeleges angefordert werden kann, abgelaufen war.

Das BAG (Urteil vom 30.01.2025, Az.: 2 AZR 68/24) entschied, dass damit der Arbeitgeber den Beweis für den von der Arbeitnehmerin bestrittenen Zugang der Kündigung nicht erbringen konnte. Der vom Arbeitgeber vorgelegte Sendungsstatus – auch in Verbindung mit einem dazu passenden Einlieferungsbeleg – lasse weder erkennen, an wen die Zustellung erfolgt sei noch zu welcher Uhrzeit, unter welcher Adresse und zumindest in welchem Zustellbezirk. Der Arbeitgeber habe eine angemessene Zeit gehabt, den Auslieferungsbeleg anzufordern. Der Klage der Arbeitnehmerin wurde vom BAG im Ergebnis stattgegeben.

Fazit: Die richtige Zustellmethode spart Zeit und Nerven. Die persönliche Übergabe oder die Zustellung einer Kündigung durch Boten sind oft die besten Methoden, da sie im Streitfall am leichtesten nachgewiesen
werden können.

Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht

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